Ehrfurcht
Josef Pascher, Liturgieprofessor an der Universität München, sagte seinen Studenten (zu denen auch Joseph Ratzinger gehörte) in Bezug auf den Kommunionempfang:

»Sie dürfen niemals Zeichen der Ehrfurcht abschaffen, sonst schaffen Sie die Ehrfurcht ab!«

Man kann darüber diskutieren, ob gewisse Zeichen der Ehrfurcht für den eucharistischen Heiland notwendig sind. Und man mag zu dem Schluss kommen: für Ihn vielleicht nicht. Umso mehr aber - für uns!

In vielen Gemeinden wurden in den letzten Jahrzehnten reihenweise Zeichen der Ehrfurcht abgeschafft (Kom­munionbank, Patene usw.). In einigen Pfarreien werden die Gläubigen sogar dazu angehalten, selbst bei der Wandlung stehen zubleiben mit der Begründung, wir seien doch »mündige Christen« und müssten als Kinder Gottes nicht vor diesem niederknien. Die Folge ist - wie von Josef Pascher vorausgesehen - ein großer Verlust der Ehrfurcht vor dem eucharistischen Herrn. Der Feind der Ehrfurcht ist die Routine.

Wenn ich mich daran gewöhne, Jesus zu empfangen, vergesse ich, welch großes Geschenk mir der Herr macht, indem Er selbst in mein Herz kommt. Ich bin sehr dankbar, dass meine Mutter mich die Mundkommunion gelehrt hat, als sie mich auf die Erstkommunion vorbereitete. Denn indem ich mir die Hostie in den Mund legen lasse, mache ich mir bewusst, dass es sich hierbei nicht um ein gewöhnliches Stück Brot handelt und dass ich mir diese Hostie nicht nehme, sondern dass ich hier ein Geschenk empfange.

Mit 17 Jahren kam mir ein weiterer Gedanke: Entweder es ist gar nicht wahr, dass unter der Brotsgestalt tatsächlich Jesus anwesend ist oder - und davon war ich überzeugt - es ist tatsächlich der Herr selbst. In diesem Fall, so dachte ich mir, möchte ich Ihn nicht stehend empfangen. Was könnte der Herr uns Größeres schenken als sich selbst? Wie kann ich Mensch meinen Gott empfangen, ohne vor Ihm auf die Knie zu fallen? Gegen den Zeitgeist entschied ich mich, den Herrn fortan nur noch kniend zu empfangen, entschied ich mich für dieses Zeichen der Ehrfurcht, das mich vor der Routine bewahrt. So kann ich mir richtig bewusst machen, dass es mein König selbst ist, der jetzt zu mir kommt.

Sehr schade finde ich, dass in vielen Gemeinden die Gläubigen beim Kommunionempfang in Windeseile »abgefertigt« werden, als müsste ein Rekord gebrochen werden. Die Gläubigen stehen im Mittelgang wie an der Supermarktkasse und werden im 3­Sekunden-Takt durchgeschleust. Es ist nicht einfach, bei diesem Tempo tiefe Ehrfurcht in sich zu wecken.
Eine sehr gute Möglichkeit, die in manchen Kirchen ohne feste Kommunionbank praktiziert wird, ist die »optionale Kommunionbank«: Die Gläubigen stellen sich nebeneinander an der breiten Stufe zum Altarraum auf; wer will, kann sich auf diese Stufe knien. Hier habe ich die Zeit, Jesus freudig zu erwarten und nach dem Kommunionempfang in aller Ruhe in meine Bank zurückzukehren, ohne in Windeseile den Platz für den Nachfolgenden räumen zu müssen.

Haben wir keine Scheu, unsere Ehrfurcht durch äußere Zeichen auszudrücken! Denn diese sind uns keine Last, sondern eine große Hilfe.

Autor: Maria Walter

Quelle: Durchblick e.V., Weinbergstr. 22, 76684 Östringen, Ausgabe 69, Mai 2010, www.der-durchblick.de

(LWT)