Von Herz zu Herz
"Ist nicht auch das Gebet ein Studium der Wahrheit? Niemand hat je ehrlich gebetet, ohne etwas zu lernen. Wir können nur vorankommen, wenn wir uns vereinen.

Da wir vom Leben an diesem kritischen Punkt der menschlichen Evolution in eine solch glorreiche Lage gebracht worden sind,- was sollen wir tun? Wir halten die Zukunft der Erde in unseren Händen. Wie sollen wir uns entscheiden? Meiner Ansicht nach liegt der Weg, dem wir folgen sollen, in den Lehren aus der Vergangenheit offen da.

Wir können nur vorankommen, wenn wir uns vereinen: das ist, wie wir gesehen haben, das Gesetz des Lebens. Aber Vereinigung durch Zwang führt nur zu einer oberflächlichen Pseudo-Einheit. Das kann vielleicht einen Mechanismus einrichten, aber dadurch wird keine grundlegende Synthese erreicht; und es bewirkt in seiner Folge auch kein Wachstum des Bewusstseins. Kurzum, es vergegenständlicht aber vergeistigt nicht. Nur eine Vereinigung durch Einmütigkeit ist biologisch gültig. Nur das kann das Wunder bewirken, eine höhere Persönlichkeit aus den kollektiven Kräften auftauchen zu lassen. Sie allein repräsentiert eine echte Erweiterung der Psychogenese, die uns alle hervorbrachte.

Deshalb müssen wir innerlich zusammenkommen und zwar in vollkommener Freiheit.

Aber das bringt uns zur letzten aller Fragen. Um diese Einmütigkeit zu erreichen, brauchen wir eine Verbindung, wie ich schon sagte, den Zement eines unterstützenden Zusammenhalts. Wo sollen wir danach suchen; wie sollen wir uns dieses Prinzip der Einheit vorstellen, diese Seele der Erde? Könnte es die Entwicklung einer gemeinsamen Sichtweise sein, oder anders gesagt, die Schaffung eines universell akzeptierten Wissensschatzes, in dem sich alle Intelligenz vereint, in dem Wissen über die selben Fakten, die auf die gleiche Art interpretiert werden?

Oder könnte es eher ein gemeinsames Handeln sein, begründet in einem universell anerkanntem Ziel, das als so wünschenswert erkannt wird, daß unter dem Einfluss gemeinsamer Ängste, gemeinsamer Wünsche alle Aktivität ganz natürlich dorthin mündet? Diese beiden Arten der Einmütigkeit sind zweifelsohne echt und werden, so glaube ich, ihren Platz in unserem zukünftigen Fortschritt einnehmen. Aber sie müssen durch etwas anderes ergänzt werden, wenn sie nicht unsicher, ungenügend und unvollständig bleiben sollen. Ein gemeinsamer Wissensschatz bringt nichts anderes zusammen als den geometrischen Punkt der Intelligenzen. Ein gemeinsames Streben, ganz gleich wie glühend, kann den Einzelnen nur indirekt berühren und auf unpersönliche Weise, die an sich entpersönlichend ist.

Wir brauchen kein tête-à-tête oder ein corps-à-corps; wir brauchen ein Herz-zu-Herz.

Da dem so ist und je mehr ich über die fundamentalen Fragen der Zukunft der Erde dachdenke, desto mehr scheint mir, dass das schöpferische Prinzip ihrer Vereinigung letztlich nicht in der alleinigen Betrachtung einer einzigen Wahrheit oder dem alleinigen Begehren einer einzigen Sache gesucht werden kann, sondern in der gemeinsamen Anziehung, die von einem einzigen Wesen ausgeht. Wenn nämlich ... die Synthese des Geistes vollständig stattfinden soll (und das ist die einzig mögliche Definition von Fortschritt), dann kann es letztendlich nur durch ein Treffen, Zentrum zu Zentrum, von menschlichen Einheiten geschehen, so wie es in universeller, gegenseitiger Liebe erkannt wird."

(ANY)