Abkehr von dem Trend der nachkonziliaren Euphorie

Die Abkehr von dem Trend der nachkonziliaren Euphorie, der gerade hier sich besonders gründlich verirrt hatte:

„Eine konfliktlose Verschmelzung von Kirche und Welt zu erstreben, heißt das Wesen von Kirche und Welt verkennen. Das Christsein lässt sich nicht der Plausibilitätsstuktur einer Epoche einordnen; der Christ muss sich gerade heute darauf einstellen, dass er einer Minder­heit zugehört und dass er weitgehend im Widerspruch steht zu dem, was plausibel ist, zum ‚Schema dieser Welt‘, wie Paulus sagt (Röm 12,2). Der Plausibilität der Welt setzt der Christ die Urteilsfähigkeit der gläubigen Vernunft entgegen. Fähigkeit und Mut zum Widerspruch, Kraft zum Annehmen einer Minderheitssituation einzuüben, wird zu den dringendsten Aufga­ben des christlichen Weltverhältnisses in den nächsten Jahren gehören – in Abkehr von dem Trend der nachkonziliaren Euphorie, der gerade hier sich besonders gründlich verirrt hatte.“

Joseph Ratzinger
„Thesen zum Thema `Zehn Jahre Vaticanum II´“ 1975/76
Gesammelte Schriften 7/2, Freiburg 2012, 1060-1063

(PH - c73casv)